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Immobilienboom in China PDF Drucken E-Mail

IMMOBILIENBOOM IN CHINA


Funktionare und Immobilienhaie verwandeln Peking und andere Stadte in glitzernde Metropolen. Opfer sind die Burger, die sich nicht wehren und sich die teuren Mieten nicht leisten konnen. Sie werden mit brutalen Methoden an die Peripherie verdrangt.


Peking - Der alte Du flickt Fahrrader. Seit Jahren schon hockt er mit seiner kleinen mobilen Werkstatt an einer Hofeinfahrt der Pekinger Sanlitun-Straße, um sich seine Rente aufzubessern. Doch seit einigen Wochen erlebt der ehemalige Bauarbeiter magere Zeiten. "Es kommen immer weniger Kunden", klagt er.

Kein Wunder: Hinter seinem Arbeitsplatz versinkt ein Wohnhaus nach dem anderen in Schutt und Asche. Nur noch ein paar Bewohner sind ubrig geblieben. Wo einst Kinder spielten und Alte schwatzten, turmen sich Steinhaufen. Schrotthandler kurven mit ihren Lastenfahrradern auf der Suche nach verwertbaren Resten herum.

Rund 2600 Familien aus dem Wohnviertel zwischen Botschaften und Bars mussen sich eine neue Bleibe suchen. Eine Immobilienfirma will hier unter anderem ein "Mode- und Geschaftszentrum" errichten. Wie an anderen Ecken der Hauptstadt erschien hier vor einigen Wochen das Zeichen an den Hauserwanden, das den Tod eines Wohnviertels verkundet: "Chai" - "Abriss".

Pekings Außeres wird geliftet - und droht dabei den letzten Rest seines Charakters zu verlieren. Bulldozer zerstoren nicht nur die traditionellen Hutongs, jene schmale Gassen mit alten Hofhausern. Es verschwinden auch - zugegeben nicht immer schone - Wohnblocks und Wahrzeichen, die in den letzten funf Jahrzehnten gebaut wurden. An ihrer Stelle entstehen glitzernde Einkaufszentren, glaserne Burohauser, teure Appartementblocks und Villenviertel mit phantasievollen Namen wie "Yosemite", "California Sun Garden" oder "German Impression".

Spatestens zu den Olympischen Spielen 2008 soll Peking reprasentativ, bis 2020 eine "internationale Metropole mit beeindruckenden Merkmalen" sein, verkundet die KP-Spitze. Dabei, verlangt Ren Zhiqiang, Chef der Immobilienfirma Huayuan, in schoner Offenheit, "sollte es Ziel sein, den Reichen zu ermoglichen, in die Stadt zu kommen und die Armen nach draußen abzudrangen."

Ab 2020, so der Plan der Stadtregierung, werden nur noch knapp zwei Millionen Menschen in den traditionellen Wohnvierteln der Innenstadt leben. Der Rest, rund 15 Millionen, sollen sich eine Bleibe am Stadtrand suchen.

Gegen die Vertreibungspolitik konnen sich die Burger kaum wehren. Wer nicht spurt, dem schicken Immobilienfirmen schon mal Schlagertrupps ins Haus. In der Sanlitun-Straße schaltete das Raumungsunternehmen kurzerhand Heizung und Warmwasser ab und zerstorte die Schlosser, obwohl die Wohnungen noch nicht leer waren.

Zwischen den Ruinen stehen ein paar Frauen, die sich trotz des Drucks gegen die Zwangsausweisung wehren wollen. "Ich will hier nicht weg", sagt eine grauhaarige Dame. "Ich halte es hier aus bis zum Schluss." Wie die anderen Anwohner hat sie ihre Wohnung vor ein paar Jahren gunstig gekauft - vom Staat. Nun fuhlt sie sich von Regierung und Immobilienfirma gleichermaßen betrogen. Sie habe, sagt sie, keine Chance gehabt, uber die Zukunft ihres Viertels zu entscheiden, obwohl das Gesetz dies eigentlich vorschreibt.

Um die Menschen ebenso rasch wie kostengunstig aus dem aufstrebenden Sanlitun-Viertel wegzumobben, nutzen die Behorden, so die Bewohner, einen schlichten juristischen Kunstgriff. Obwohl die Gebaude zwar wenig gepflegt, aber durchweg solide sind, erklarten die Burokraten die Hauser fur einsturzgefahrdet. Die Kategorie "gefahrlich" druckt die Entschadigung auf 6400 Yuan (640 Euro) pro Quadratmeter.

Entschadigung unter Marktpreis

"Das ist weit unter dem Marktpreis", schimpft ein Anwohner. Eine private Immobilienmaklerin in der Nahe bestatigt: "Die Entschadigung musste mindestens bei rund 8000 Yuan (800 Euro) liegen."

Deng Yunju aus Haus Nummer sieben erhielt fur sein Domizil knapp uber 292.000 Yuan (29.200 Euro). Hinzu kamen rund 730 Euro fur den Umzug, neue Anschlusse fur Telefon, Fernseher, Stromzahler, Klimaanlage und Warmwasser-Boiler in einer neuen Wohnung. Wer seine Raume besonders schnell verließ, kassierte zusatzlich rund 10.000 Euro Pramie.


Die Immobilienpreise sind in den letzten Jahren jedoch stark angestiegen. "Die Entschadigung ist zu gering, um sich eine gleichwertiges Heim in dieser Gegend zu kaufen", murrt eine Rentnerin. "Fur diesen Preis finden wir hochstens etwas weit außerhalb."

So bleibt Vertriebenen nur, aus der popularen Innenstadt in eine der Satellitenstadte an der Peripherie zu ziehen. Doch selbst wer weitab vom Schuss ein preisgunstiges Domizil findet, muss zusatzlich zum Kaufpreis tief in die Tasche greifen. In China werden Neubauten ohne Turen, Kacheln, Installationen und Fußboden verkauft. In der Regel kostet die Ausstattung zusatzlich zwischen 30.000 bis 50.000 Yuan (3000 bis 4000 Euro).

Der Verdrangungswettbewerb auf dem Pekinger Wohnungsmarkt ist kein Einzelfall, sondern die Folge eines beispiellosen Booms von Luxuswohnungen fur die neue Mittelklasse und die Reichen. Seit die Regierung den Immobiliensektor privatisiert hat, entstehen allenthalben im Reich der Mitte ganze Stadte neu. 183 Orte haben beim Bauministerium beantragt, sich in "moderne internationale Kapitalen" wandeln zu durfen. Dabei gilt oft Maos Motto: "Ohne Zerstorung kein Aufbau."

Zeitungen drucken Hochglanzbeilagen, auf Ausstellungen prasentieren Makler ihre Produkte, Bau- und Mobelmarkte bluhen. "Werden sie Teil des Concertos der Reife und der Details", wirbt die Pekinger Firma "Leisure3" blumig. Sie bietet 180.000 Quadratmeter Wohnflache an der westlichen zweiten Ringstraße an. Der Preis pro Quadratmeter: 1300 Euro.

Allein im ersten halben Jahr vorigen Jahres investierten staatliche und private Immobilienfirmen knapp 73 Milliarden US-Dollar in Chinas Wohnungsmarkt, ein satter Teil des Bruttosozialprodukts. Obwohl viele Quartiere leer stehen, wird immer weiter gebaut - und die Preise steigen: in Peking im ersten Vierteljahr dieses Jahres um 13,5, in der Yangtse-Metropole Shanghai gar um 19 Prozent.

Bei einer Pekinger Verkaufsausstellung im Mai zahlten Kaufer im Schnitt 950 Euro pro Quadratmeter - ein Preis, den sich die "100 alten Namen", wie sich die einfachen Burger nennen, im Traum nicht leisten konnen.

 

Schon fordern Okonomen staatliche Preisbremsen. Doch kaum ein Geschaft ist derzeit so lukrativ wie Immobilien. Bis zu 20 Prozent Profit ist in der Regel fur die Bauherren drin, meldet die Webseite "China Economic Net". Fur einen Quadratmeter in guten Lagen fordern die Makler bereits bis zu 5000 Euro.

Schon warnen Wirtschaftsexperten davor, dass der Wohnungsmarkt implodieren konnte - mit dramatischen Folgen fur Chinas Banken, die den Bauboom oft mit Gefalligkeitskrediten anheizen. Die Regierung versucht nun, das Immobilien-Roulette zu bremsen und Projekte staatlicher Baufirmen wenigstens zu verschieben. Neue Steuern sollen Spekulanten abschrecken.

Das ist nicht einfach, denn Chinas Immobiliensektor ist langst zu einem Hort der Korruption verkommen. Da Grund und Boden dem Staat gehoren, wird bei der Vergabe von Grundstucken und Bauauftragen gehoben und geschoben; Firmen und Funktionare stecken oft unter einer Decke. Derzeit wartet zum Beispiel der Minister fur Land und Ressourcen, Tiang Fengshan, wegen unsauberer Geschafte auf seinen Prozess. Dies erklart, warum Opfer ungerechter Vertreibungen nur selten Schutzenhilfe von der Regierung erhalten.


Viele Burger haben die Machenschaften durchschaut und uben sich in zivilem Ungehorsam. Die Bewohner der Sanlitun-Straße riefen im Mai das Bezirksgericht an, klebten Wandzeitungen ("Gegen brutale Zerstorung, schutzt die Rechte der Burger"), blockierten den Verkehr und zogen zur Beschwerdestelle des Staatsrates.

Geholfen hat es nicht. Die Protestplakate wurden nachts von den Wanden gerissen, weil sie die offentliche Ordnung storten. Nach einer Demonstration nahm die Polizei Burger auf die Wache mit. Dort mussten sie unterschreiben, gegen das Gesetz verstoßen zu haben. Schließlich fuhren Uniformierte und zwei Sanitatsautos auf, um Wohnungen zu raumen.

Der alte Du hatte Gluck. Seine Wohnung liegt ein paar Meter neben dem Abrissviertel. Doch fur seine Fahrradwerkstatt muss er sich schon bald einen neuen Standplatz suchen.

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